“Frieden” zu Hause an der Westfront, Terrorismus ins Ausland exportieren: Soziale Gegensätze und die Widersprüche des Kapitalismus

Linkes Foto: Videomaterial von 2016 aus dem syrischen Gouvernement Aleppo, einige Monate vor der Befreiung, das eine Gruppe “gemäßigter Rebellen” zeigt, die einen entführten 10-12 Jahre alten, palästinensischen Jungen verspotten, kurz bevor sie ihn vor laufender Kamera köpfen. Rechtes Foto: Mitglieder der ultrarechten Partei Swoboda veranstalten 2017 einen Fackelmarsch im Gedenken an den Jahrestag der Ukraine-Offensive, die von der mit den Nazis verbündeten Organisation von Stepan Bandera gegen die Rote Armee geleitet wurde.

“Frieden” zu Hause an der Westfront, Terrorismus ins Ausland exportieren: Soziale Gegensätze und die Widersprüche des Kapitalismus

Janelle Velina
Deutsche Übersetzung von Klaus Markstein
24. August 2019
LLCO.org

In einem neuen Video mit dem Titel “The New YouTube Purge” räumt Jason Unruhe mit einem berühmten rechten Märchen auf, das behauptet, es gäbe eine “linke Tendenz” in den westlichen Mainstream- und in den sozialen Medien, mit der Folgerung, es gäbe eine “linke Bedrohung”. Jedoch, wie von Unruhe erklärt wird, geht keine ernstzunehmende Gefahr für das System seitens der westlichen Linken aus, deren Kraft bis zu den 1970ern bedeutend abgenommen hatte. Viele von ihnen liefen in die liberale Falle der Identitätspolitik. Im Video, etwa bei 2:15 min, legt Unruhe dar, dass es tatsächlich so etwas wie eine “linke Tendenz” oder eine Tendenz gegen Rechts überhaupt nicht gibt; viel eher gibt es eine liberale Tendenz, die im derzeitigen Klima der Zensurkampagne in den sozialen Medien eingebettet ist:

“Es gibt keine Verschwörung gegen Konservative, die diese zensieren soll. In diesem Fall glauben sie allerdings genau das. Aber lasst uns schauen, was gerade tatsächlich passiert. Damit der Kapitalismus Geld generieren kann, müssen die Dinge so reibungslos wie möglich funktionieren; anders ausgedrückt: weniger soziale Unsicherheit und Gegensätze, mehr Käufe. Doch es gibt dafür gewisse Hindernisse, gewisse Widersprüche innerhalb des Kapitalismus, die Probleme hervorrufen, die dem Verlangen danach, dass alles ‘glatt läuft’, im Weg stehen.”1

Obwohl es stimmt, dass prominente konservative Medienpersönlichkeiten in den sozialen Medien zensiert werden, geschieht dies nicht auf Initiative einer allumfassenden Regierungsverschwörung gegen Rechts hin. Es ist auch keine Frage von korrekten oder inkorrekten Meinungen. Schließlich baut der Kapitalismus auf Ungleichheit auf, und man kann keine echte Gleichheit bezüglich Meinungen unter einem solchen System erwarten. Damit das kapitalistisch-imperialistische System ordnungsgemäß funktioniert, müssen die Kapitalisten die Konsumausgaben in den Ländern, die den imperialistischen Kern ausmachen, aufrechterhalten. Nicht nur müssen die Kapitalisten die Konsumausgaben aufrechterhalten, sie müssen auch alles vermeiden, was das “business as usual” beeinträchtigen könnte, wie Arbeiterstreiks, Massenproteste oder jegliche andere Form der Volksmobilisierung, die das etablierte System bedrohen könnte. Dies beinhaltet sowohl rechte als auch linke Mobilisierungen, obwohl die Rechten zur Zeit deutlich stärker sind, zumindest in den USA. Trotz all der brutalen Gewalt und des Terrorismus, die von den Imperialisten und ihren Stellvertretern verübt werden, muss die herrschende Klasse ein positives und friedliches Bild des kapitalistischen Systems aufrechterhalten, besonders in den imperialistischen Ländern, um das System ungehindert laufen zu lassen. Deshalb müssen die Kapitalisten die Meinungsfreiheit beschränken, insbesondere durch die sozialen Medien, um die Fassade der Toleranz und der Akzeptanz zu wahren und um die Verbreitung von Nicht-Mainstream-Meinungen, entweder linken oder rechten, die das System bedrohen könnten, zu verhindern. Die Kapitalisten müssen nicht nur den Aufstieg von Radikalismus im imperialistischen Kern verhindern, sondern auch jegliche inländische terroristische Aktivität, die nicht in ihre Agenda passt. Wenn amerikanische rechte Gelehrte wie Steven Crowder “zu weit gehen” mit einigen ihrer rassistischen Kommentare, werden sie auf YouTube demonetarisiert. Dies geschieht aber weder, weil die Kapitalisten eine wirklich gerechte und faire Welt wollen, noch, weil die Rechten so bedrohlich für das System wären, wie beispielsweise die Bolschewisten für das zaristische Regime waren. Für die Kapitalisten sind derartige Kommentare problematisch, weil sie sich außerhalb der Grenzen der akzeptablen und “friedlichen” Meinungsäußerung innerhalb des kapitalistischen Kerns bewegen. In dem sie Meinungen einschränken, die sich außerhalb der Grenzen des Mainstream-Akzeptablen befinden, was sowohl rechte als auch linke Meinungen betrifft, erstickt die herrschende kapitalistische Klasse effektiv jeden Versuch des Aufbaus eines Klassenbewusstseins, einer ökonomischen Gerechtigkeit, einer internationalen Solidarität, oder positiver Veränderung im Allgemeinen, im Keim.

Es gibt natürlich auch bestimmte rechte Geisteshaltungen, welche die kapitalistische Klasse und die liberalen Medien bereitwillig tolerieren – nur eben nicht auf westlichem Boden; und heutzutage ganz sicher nicht auf amerikanischem Boden; und das obwohl Amerika der “Bauch des Ungeheuers” ist (um es mit den Worten von Che Guevara auszudrücken) und auf Sklaverei und dem Genozid an seinen indigenen Völkern aufgebaut worden ist. Rechter Terrorismus, als Mittel gegen Länder, die Ziele der US-Außenpolitik sind, wird nicht nur von den Westmächten exportiert und finanziert, sondern auch noch in den westlichen Mainstream-Medien glorifiziert und gefeiert. Tatsächlich waren die Stimmen der Liberalen (sowie die einiger Teile der westlichen “Linken”) viele der lautesten unter den Befürwortern der ukrainischen, banderaschen Neo-Nazi-Partei Swoboda und denen der zahlreichen Al-Qaida zugehörigen, terroristischen Stellvertreterkräfte, die versuchen, Syrien zu destabilisieren. Obwohl liberale Experten und Anti-Trump-Politiker sich ständig über die amerikanische “Alt-Right” schimpfen, scheinen sie ihrer eigenen Heuchelei gegenüber taub zu sein, wenn sie rechten Terrorismus in der Ukraine, in Syrien und in Venezuela unterstützen.

Tatsächlich ist es für die Repräsentanten oder Unterstützer der Swoboda und für wahhabitische und salafistische Anti-Assad-Kräfte deutlich weniger wahrscheinlich, Opfer der Zensurkampagne zu werden. Beide dieser von den USA unterstützten, ultrakonservativen Kräfte wurden außerdem in den westlichen Medien zu “Revolutionären” und “moderaten Rebellen” verklärt. Als wäre dies noch nicht genug, prahlten beide reaktionäre Gruppen schon mehrmals über Twitter und Facebook mit ihren Taten oder äußerten unverblümten Hass; beides ohne dieselbe liberale Verachtung zu ernten wie die amerikanische Rechte.

Ein berühmtes Beispiel hierfür sind die Weißhelme, die “humanitäre” Frontgruppe von Al-Qaida in Syrien, die auf schändliche Weise in den westlichen Medien als “syrische Bürgerwehr” vermarktet werden und 2017 einen Oskar erhielten. In einem weitläufig kursierten und hochauflösendem Video auf Twitter vom Juni 2017 sind die Weißhelme zu sehen, wie sie die verstümmelten Körper und abgetrennten Köpfe syrischer Soldaten (die von den “Rebellen” als Kriegsgefangene genommen worden sind) als Trophäen vorführen, und sie anschließend entsorgen. Ein Mitglied prahlte sogar vor der Kamera und hielt einen blutigen, abgetrennten Kopf hoch, sodass die Kamera davon eine Nahaufnahme machen konnte. Das war nicht das erste Mal, dass diese sogenannten “Frieden bringenden Ersthelfer” sich neben verschiedenen terroristischen Gruppen an der Folter, den Enthauptungen oder Hinrichtungen von syrischen Zivilisten oder gefangenen Soldaten der Syrischen Armee beteiligten. Zahlreiche Grausamkeiten wurden von diesen, von der NATO gesponserten, Terroristen begangen. Zu diesen gehören, zusätzlich zu einigen der abscheulichsten Gewalttaten, auch der Diebstahl und das Horten von Wasser- und Essensvorräten vor den Zivilisten in von den “Rebellen” besetzten Gebieten. Trotz alledem wurden nur von wenigen von ihnen die Social-Media-Accounts gesperrt.

In manchen Fällen werden diese reaktionären Kräfte, die für absolute Rückständigkeit stehen, Facebook Policy Manager, so wie die ehemalige ukrainische Regierungsmitarbeiterin und Langzeit-Mitglied der Swoboda, Kateryna Kruk. Kruk ist eine ultrarechte, nationalistische Hardlinerin, die einen ungenierten Anti-Russland-Kurs fährt und schon mehrmals ganz offen in den Sozialen Medien faschistische Straßengewalt und Terrorismus unterstützte. Dies ist nichts weiter als ein offener Schachzug zur weiteren Zementierung von Facebooks Zensurkampagnen im Namen der US-Interessen, sowohl gegen Russland als auch gegen anti-imperialistische Stimmen – besonders gegen diese, welche die von den USA angeführten Stellvertreterkriege gegen Länder wie Syrien und die Ukraine kritisieren. Die Swoboda-Partei, die in der Ukraine 2014 mithilfe eines von den USA unterstützten Coups an die Macht kam, ist im Grunde eine Neuvermarktung der offen neonazistischen Sozial-Nationalen Partei der Ukraine; beide, die vergangene und die gegenwärtige Inkarnation der Partei, wurden von Stepan Bandera und seiner mit den Nazis kollaborierenden Bewegung inspiriert. Die Partei ist offen faschistisch (wörtlich und in jeder anderen, sinnvollen Bedeutung dieses oft falsch verwendeten Worts) und versucht nicht einmal ihre rassistischen, anti-semitischen und xenophoben Ansichten zu verstecken, weder online noch offline. In der Stadthalle von Kiew kann man aufgehängte White Supremacy-Banner und Flaggen der Konföderation sehen. Man kann die Neonazi-Miliz der Partei oft dabei erwischen, wie sie den Kleidungsstil von Skinheads zur Schau trägt, Straßengewalt glorifiziert und für die Verteidigung der “ethnischen Reinheit” der Ukraine wirbt. Des Weiteren hisste die Miliz nach dem Sturz einer Lenin-Statue – was von westlichen Liberalen und Anarchisten bejubelt wurde – ein SS-Banner, das White Power-Symbole abbildete. Sie zerstörte sogar Denkmäler, die Ukrainern gewidmet waren, die im Kampf gegen die Besetzung durch Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg starben. Und doch, trotz all dieser sich häufenden Beweise, die zeigen, dass die Partei aktiv Minderheiten ins Visier nimmt, genießt die Swoboda weiterhin die Unterstützung der USA und ihrer Verbündeten; und wird gleichzeitig dafür gefeiert, der Ukraine Demokratie gebracht zu haben.

Diese Fälle von westlich finanziertem, rechtem Terrorismus sind nur einige Beispiele der “Aus den Augen, aus dem Sinn”- und der “Nicht in meinem Hinterhof”-Mentalität der kapitalistischen Klasse. Doch noch wichtiger ist, dass es einen Doppelstandard gibt, mit dem rechter Terrorismus (meistens auch gerechtfertigterweise) verurteilt wird, wenn er auf westlichem Boden stattfindet, aber nicht, wenn er sich in Syrien, der Ukraine oder in Venezuela ereignet. Und dieser deckt sich mit den imperialistischen Zielen von Washington und der Wall Street. Rechte, terroristische Stellvertreter-Kräfte, die – seien es Jabhat al-Nusra (Al-Qaida in Syrien), die Swoboda-Partei oder Juan Guaido und seine Unterstützer – absolute Rückständigkeit verkörpern, haben nämlich das Potential, die ökonomische Entwicklung in den Ländern, in denen sie aufgebaut werden, durch ihre Sabotageakte zurückzudrängen. Das ist genau das, was das Amerikanische Imperium möchte, da es Konkurrenz und/oder diejenigen, die US-Kapitalinteressen gegenüber nicht freundlich gesinnt sind, vernichten möchte. Deshalb sind die Methoden dieser hochreaktionären Kräfte für die Vereinigten Staaten auch kein Anlass zur Sorge, solange sich diese Akte der Sabotage und des Terrorismus mit ihren geopolitischen Zielen decken. Diese Denkweise ähnelt der von Richard Nixon, der, wie Caleb Maupin schrieb, dazu bereit war, “Milton Friedmann nach dem Militärcoup 1973 auf das Volk von Chile loszulassen” aber “nicht den Albtraum des Neoliberalismus auf Amerikas Mittelklasse losließ”.

Obwohl der Social-Media-Riese eine liberale Tendenz, mit einer besonders auffälligen Neigung zur Demokratischen Partei, aufweist, ist es kein Versehen, dass Facebook eine Repräsentantin der Swoboda einstellt. Tatsächlich ist der Atlantic Council, eine Denkfabrik der NATO, stark an der Gestaltung der Facebook-Richtlinien beteiligt und einer der “Faktenüberprüfer” des Social-Media-Konzerns; er entscheidet letztendlich, welche Art der Meinungsäußerung erlaubt ist und welche nicht. Das erklärt, warum überwiegend anti-imperialistische Stimmen zum Schweigen gebracht werden. Facebook dient nämlich den US-Kapitalinteressen, die ein globales Monopol haben, und spiegelt sie letztendlich auch wieder. Facebook, zusammen mit anderen Social-Media-Giganten wie Twitter und Instagram, fungiert als höchst einflussreiches Werkzeug, da es im Internet als inoffizieller Richtlinienarm von Washington auftritt. Darüber hinaus ist das nicht das erste Mal, dass die USA und andere westliche Kräfte (obgleich geheim) mit Faschisten zusammenarbeiteten. Bevor sie der Vereinten Front gegen die Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg beitraten, hatten sowohl die amerikanische als auch die britische herrschende Klasse die Nazis als ein Bollwerk gegen die Sowjetunion und den Kommunismus betrachtet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, im Kalten Krieg, heuerte die CIA zahlreiche ehemalige Nazi-Amtsträger als Spione gegen die Sowjetunion an. Ganz abgesehen davon verletzten die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten das Potsdamer Abkommen von 1945, indem sie sich mit den reaktionären deutschen Lagern verbündeten, die Deutschlands Teilung anstrebten. Dies führte zur Gründung der westdeutschen Marionettenregierung – die mehrere ehemalige Nazi-Amtsträger in Machtpositionen beinhaltete und eingeladen wurde, ein NATO-Mitglied zu werden. Zusätzlich verletzten sie das Abkommen mit der Wiederbewaffnung Westdeutschlands. Wenn man an diese historischen Ereignisse denkt, könnte man es verständlicherweise verwirrend finden, dass US-Amtsträger wie der kürzlich verstorbene Senator John McCain und liberale Lieblinge wie Barack Obama die gewalttätigen Zusammenstöße von Charlottesville im Sommer 2017 verurteilten, an denen auch Rechtsextremisten beteiligt gewesen waren. Aber es gibt auch einen historischen Kontext zu diesem Phänomen, das in der Amerikanischen Vormachtstellung verwurzelt ist. Der historische Revisionismus der USA bezüglich des Zweiten Weltkriegs manifestierte sich schon immer in dem Versuch, die wichtigen Beiträge, Erfolge und ungeheuren Opfer der Sowjetunion zu mindern oder gar komplett zu tilgen. Währenddessen porträtieren sich die USA selbst als die “Helden”, die das ganze Gewicht des Kriegs zu tragen hatten, obwohl sie eigentlich die Nachzügler waren und mit den Nazis Geschäfte machten bevor (in manchen Fällen sogar während) sie den Alliierten im Kampf zur Seite standen. Der Fakt, dass die Sowjetunion die Nazis besiegte, gefährdet den Mythos von Amerika als die Befreier – ein Mythos, der für die Rechtfertigung des US-Imperialismus von Nöten ist. Genau deshalb verklären und übertreiben die USA ihre Rolle im Zweiten Weltkrieg.

Die westliche Rechte stellt eine Bürde für ihr öffentliches Image dar. Deshalb ist “Pinkwashing” tatsächlich eine langanhaltende Strategie der Imperialisten zur Manipulation der Öffentlichkeit, da sie zu verstehen begannen, dass Äußerungen von extremem, offen reaktionärem Gedankengut eine Hürde für ihre Selbstvermarktung sind. Maximilian Forte sagt in seinem Buch Slouching Towards Sirte: NATO’s War on Libya and Africa:

“Nur wenige bemerkten, dass der liberale Imperialismus die treibende Kraft hinter den neuen amerikanischen Eroberungen war, sogar unter vermeintlichen Konservativen wie George W. Bush. Und deshalb erkannten auch viele nicht den ‘Neokonservatismus’, dessen ideologische Prinzipien und Ziele die eines ‘neuen’ liberalen Imperialismus sind: direkte Intervention, Regime-Wechsel, Staatenbildung, Aufstandsbekämpfung, Befriedung, Hilfe, Entwicklung. Die konservativen Hardliner in den USA verkünden hingegen, Amerika sei eine Republik und kein Imperium. Andere widersprechen deutlich. Das Ergebnis ist die Schaffung einer erneuerten Hierarchie, die nicht zufällig die alten, ethnozentrischen Theorien der ‘kulturellen Evolution’ des neunzehnten Jahrhunderts und die rassischen Typologien dieser Zeit widerspiegelt: der Westen, weiß, entwickelt und überlegen, hat das Recht in Afrika einzugreifen. Afrika hat das ‘Recht’, dass in es eingegriffen wird und sollte davon ausgeschlossen werden, selbst in seine eigenen Angelegenheiten einzugreifen. Wir haben es hier nicht mit Zufällen und Missgeschicken zu tun, nicht bei diesem Grad an Aufwand und zwanghafter Planung: das neue afrikanische Kommando der US-Armee (AFRICOM), der African Growth and Opportunity Act (AGOA), die Arbeit der USAID und der Internationale Strafgerichtshof (IStGH), dessen Fokus beinahe ausschließlich auf Afrika liegt – keines dieser Dinge ist ein ‘Zufall’.” (S.18)2

Tatsächlich muss sich der Kapitalismus ständig an Änderungen der materiellen Bedingungen anpassen, um zu überleben und sich selbst zu erhalten; natürlicherweise schließt das auch die Expansion über Landesgrenzen hinaus mit ein, durch Imperialismus. Über die Jahre hinweg, seit dem Höhepunkt des Kalten Kriegs, bedeutete dies auch, den Imperialismus für die Massen schmackhaft zu machen und ihm eine “humanitäre” Fassade zu verleihen. Und so sind heute viele der Bewegungen für soziale Gerechtigkeit, wie die “Stop Trump”-Bewegung, ironischerweise, nichts weiter als große Zurschaustellungen von pro-amerikanischem Chauvinismus, die letztendlich das politische US-Establishment verteidigen, da sie mit militanten Rassisten in der Ukraine und mit islamischen Fundamentalisten, die versuchen, die säkulare, linke Regierung von Syrien zu stürzen, sympathisieren. Vielleicht ist der einzige wirkliche Unterschied zwischen diesen Gruppen und der traditionelleren Rechten, dass erstere einen “multikulturellen” und “intersektionellen” Imperialismus bevorzugen, während letztere einen Imperialismus mit weißer Vorherrschaft anstreben.

Es wirkt vielleicht paradox, dass Kapitalisten eine “Stop Trump”-Bewegung oder die Bekämpfung von “Hassrede” in den sozialen Netzwerken finanzieren, während sie zur selben Zeit reaktionäre, rückständige Kräfte im Ausland unterstützen. Indem sie Liberale und andere Möchtegern-Linke in die “Stop Trump”-Bewegung hineindirigieren, stärken die Kapitalisten effektiv eine pro-imperialistische Ideologie unter diesen Menschen. Sie verschieben den Fokus weg vom imperialistischen System, hin zu einem einzelnen unsympathischen Individuum. Gleichzeitig vermeiden sie jedes Bekenntnis zu imperialistischen Gräueltaten, die Demokraten wie Barack Obama zu verschulden haben. Man könnte sogar sagen, dass “Linke” und “Rechte” heutzutage im Westen kaum zu unterscheiden sind, wenn man bedenkt wie sehr erstere daran scheitern, dem Klassenkampf nachzugehen. Aber noch wichtiger ist – das zeigt uns die neuere Geschichte – dass sozialer “Frieden” im Heimatkern der imperialistischen Staaten im Kapitalismus profitabel ist, globaler Frieden hingegen nicht. Offensichtlich gibt es hierbei einen antagonistischen Widerspruch, wenn man bedenkt, dass Frieden und Krieg nicht zur selben Zeit existieren können, und dass “humanitäre Intervention” nichts weiter als ein Euphemismus für imperialistische Eroberung ist, der die Gewissen der “Social Justice Warrior” beruhigen soll.

Der Begriff der “freien Meinungsäußerung” steckt in der Tat voller Widersprüche, wenn man bedenkt, dass Freiheiten grundsätzlich widersprüchlich sind. Wie Lenin einst sagte, “[besteht d]ie ‘Pressefreiheit’ der bürgerlichen Gesellschaft […] in der Freiheit für die Reichen, systematisch und unentwegt, tagtäglich in Millionen von Zeitungsexemplaren die ausgebeuteten und unterdrückten Volksmassen, die Armen, zu betrügen, zu demoralisieren und zum Narren zu halten”. Daher ist die zugrundeliegende Frage für Kommunisten, wer gehört und wer zum Schweigen gebracht wird, und wie zum Beispiel imperialistische Kriege dargestellt werden; das eigentliche Problem ist nicht “Voreingenommenheit” – natürlich werden westliche Medien immer auf der Seite des US-Imperialismus stehen und die vorherrschende kapitalistische Ideologie widerspiegeln. Schließlich ist “Ideologie”, einfach ausgedrückt, eine Art der Organisation von Ideen; sie besteht nicht aus “voreingenommenen” oder “unglaubwürdigen” Meinungen irgendwelcher Randgruppen, so wie uns die Mainstream-Medien das glauben machen wollen. In jedem Fall sind es immer die Opfer des Imperialismus, deren Stimmen im Lärm der westlichen Kriegspropaganda untergehen; infolgedessen werden die weltweiten Massen weiterhin zum Schweigen gebracht, wenn es der Kapitalistenklasse gestattet ist, sie zu übertönen. Nur indem wir die Unterstützung für die vereinte Front gegen den Imperialismus organisieren und für die Errichtung des Sozialismus in den ausgebeuteten Ländern arbeiten, kann die Stimme des Volkes jemals gehört werden.

Fußnoten

1 von uns frei übersetzt aus dem Englischen ins Deutsche

Bibliographie

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