Der Durchschnittsamerikaner

Der Durchschnittsamerikaner

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Der Durchschnittsbürger besetzt einen besonderen Platz im kollektiven Bewusstsein der Amerikaner. Eine populäre literarische Figur, der „Held der Arbeiterklasse“ erscheint in Film, Fernsehen und auf der Bühne. Er wird von den Politikern geschätzt. Und für die Revisionisten der Ersten Welt ist er der Schlüssel zur Zukunft, zum Kommunismus. So lautet das Märchen vom Durchschnittsbürger, wie sieht es aber in Wirklichkeit aus?

Der Durchschnittsamerikaner ist 25 Jahre oder älter und hat ein Einkommen von 32’000 $ pro Jahr.1 Im Gegensatz dazu muss die Mehrheit der Menschheit von weniger als 1’000 $ pro Jahr leben. Zum Beispiel gibt es in Indien mehr Menschen, die weniger als einen Dollar pro Tag verdienen, als die ganze Bevölkerung der USA zusammengezählt.2 Durch sein hohes Einkommen hat der Durchschnittsbürger Zugang zu Luxusprodukten und einem Lifestyle, der gänzlich außer Reichweite liegt für die meisten Menschen auf der Welt. Durch dieses Einkommen liegen ein Haus, ein Auto, ein Computer, ein iPhone, eine moderne Küche, ein Swimmingpool, Bildung, Ferien, Unterhaltung, Finanzkapital durchaus innerhalb der Reichweite des Otto Normalverbrauchers. Otto verdient weit mehr als den Wert seiner Arbeitskraft. Durch sein Einkommen hat der Durchschnittsamerikaner leichter Zugang zu Kapital als viele Kapitalisten in der Dritten Welt. Der Durchschnittsamerikaner verdient weit mehr als den Betrag, der ihm bei einer egalitären Verteilung des globalen Bruttosozialprodukts zustünde. Kurz gesagt, Sozialismus würde für den Durchschnittsamerikaner eine große Lohneinbuße bedeuten. Durch eine globale sozialistische Verteilung des Einkommens würde er einen Großteil seines Einkommens verlieren. Im Sozialismus könnte er keinen amerikanischen Lifestyle mehr führen. Anders gesagt hat der Durchschnittsamerikaner genauso wenig ein Interesse am Sozialismus wie der imperialistische Bourgeois. Und er weiß es, weswegen er sich immer wieder mit der eigenen Bourgeoisie gegen die Dritte Welt verbündet.

Gemäß dem Märchen ist der Durchschnittsbürger ein einfacher Arbeiter. Dieses Bild wird durch fiktive Figuren wie Ralph Kramden in „The Honeymooners“, Dan und Roseanne in der Sitcom „Roseanne“ oder Homer in der Zeichentrickserie „Die Simpsons“ geprägt. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Der Durchschnittsbürger hat einen Bürojob.3 Diese Jobs sind keine Knochenarbeit, nicht lebensgefährlich, wie sie viele Menschen in der Dritten Welt erleiden müssen. Vergleichsweise ist die Arbeit des Durchschnittsbürgers unglaublich gut bezahlt, angenehm, sie dauert wenige Stunden und beinhaltet lange Pausen. Die Kultur, die mit dieser Arbeit verbunden ist, hat wenig mit der Arbeitskultur des Proletariats in der Dritten Welt gemein, dafür umso mehr mit der Arbeitskultur der Bourgeoisie. Der Durchschnittsbürger identifiziert sich auch nicht mit dem globalen Proletariat, das laut Marx „nichts zu verlieren hat als seine Ketten“. Es ist häufiger so, dass sich der Durchschnittsbürger mit der imperialistischen Bourgeoisie identifiziert.

Gemäß diesem Märchen lebt der Durchschnittsbürger in einem urbanen Dschungel, im Ghetto oder in der tiefsten Provinz. In Wirklichkeit lebt der Durchschnittsbürger in einem Haus im Vorort.4 Die Vororte in ihrer heutigen Form sind größtenteils nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden. Der Wohlstand der USA stieg steil an, als sie sich nach der Großen Depression und dem Zweiten Weltkrieg als wichtigste imperialistische Supermacht etablierten. Das Vorstadtleben ist Teil einer utopischen Vision, die mit der Pax Americana in der Nachkriegszeit verbunden ist. Das Leben in der Vorstadt ist Teil des „American Dream“.

Lasst uns realistisch sein. Die Idee, dass der Durchschnittsamerikaner eine soziale Basis für die Revolution bilden könnte, ist lächerlich. Es ist ein Wunschbild, dass der Durchschnittsamerikaner seine amerikanischen Privilegien opfert, um sich den wirklich Ausgebeuteten und Unterdrückten in der Dritten Welt anzuschließen. Das gilt nicht nur für die USA, sondern auch für den Rest der Ersten Welt. Im Mittelpunkt des Marxschen Konzepts des Proletariats, des revolutionären Subjekts, steht die Vorstellung, dass das Leben des Proletarier elend und grausam ist. Das Proletariat wird ausgebeutet, es lebt einzig und allein vom Verkauf seiner Arbeit und besitzt nichts Anderes als seine Ketten. Dieses Kriterium trifft beim besten Willen nicht auf die große Mehrheit der Bevölkerung in der Ersten Welt zu. Welche Art von „Marxismus“ agitiert zugunsten des reichsten Teils der Bevölkerung der Welt? Das kann nur Sozialimperialismus, Sozialfaschismus, Erstweltrevisionismus sein. Welche Art von Marxismus steht an der Seite der ungeheuren Mehrheit der Menschheit, welche wirklich nichts als ihre Ketten zu verlieren hat? Welche Art von Marxismus stellt sich gegen die Erste Welt als Ganzes, gegen den wirklichen Klassenfeind? Das ist der echte Marxismus, der Kommunismus des Leitenden Lichts. Die Betrüger stehen an der Seite der Ersten Welt. Die Leitenden Lichter stehen an der Seite der Dritten Welt.

Fußnoten:

  1. http://pubdb3.census.gov/macro/032006/perinc/new03_001.htm
  2. http://monkeysmashesheaven.wordpress.com/2007/08/19/amerikkkans-rich-indians-poor-so-called-icm-deaf-and-dumb/
  3. http://www.census.gov/prod/2004pubs/p20-550.pdf
  4. Ebd.

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